Körper-, Gefühls- und Traumaarbeit

„There is a crack in everything, that's where the light comes in.“

Leonard Cohen

Körper und Gefühle

Alles was uns begegnet und was wir erleben, empfinden wir in unserem Körper. Wenn wir unseren Körper gut spüren, zeigt er uns auf einfache Art, ob uns etwas gesund und glücklich macht oder nicht.

 

Bestimmte Gefühle werden in unserer Kultur als positiv, andere als negativ oder schwer zu ertragen bewertet. Oft lässt der Alltag es nicht zu, „unangenehme“ Gefühle wie Trauer, Wut, Angst, Scham oder Schmerz in dem Umfang zu fühlen, wie wir es eigentlich brauchen. Unverarbeitet bleiben sie dann in unserem Körper in Form von körperlichem Schmerz, Verspannungen, Unruhe, Leere, Taubheit oder Starre stecken.

 

Um ein gesundes und erfülltes Leben zu führen, ist es essentiell wichtig im Körper gespeicherten Gefühlen und den damit verbundenen alten Geschichten und Bedürfnissen einen Raum zu geben, in dem sie gesehen, bezeugt und nachgenährt werden. Wir lernen, sie in ihrer Kraft zu erkennen und in unser Leben zu integrieren.

Was ist ein Trauma?

Ein Trauma ist jede Erfahrung, die die normalen Bewältigungsstrategien eines Menschen überfordert und überwältigt. Normale Bewältigungsstrategien führen einen Organismus in einen Zustand, in dem er sich selbstständig um all seine Bedürfnisse kümmern kann. Bei einem Trauma, ist es uns in dem Moment des Erlebten nicht möglich, in der Art und Weise auf die Situation zu reagieren, wie wir es eigentlich bräuchten. Unser Bedürfnisspektrum wird auf unser Notfallprogramm reduziert und nur unsere überlebenswichtigen Bedürfnisse werden erfüllt. Andere Bedürfnisse werden in den Hintergrund gedrängt, die damit verbundenen Gefühle haben keinen Platz und werden verdrängt. Ein Trauma ist damit ein Ereignis, das uns so schwer kränkt, dass eine emotionale Aufarbeitung unmöglich ist.

Traumatische Reaktionen dienen in dem Moment des Erlebens dem Überleben des Menschen und sind insofern Notfallreaktionen, keine Schwäche oder Unfähigkeit. Als solche brauchen sie in der Verarbeitung und Heilung des Traumas unsere Aufmerksamkeit.

 

Was dabei für jeden Einzelnen als normal oder überfordernd wirkt, ist sehr individuell erfahrbar. Eine Erfahrung kann für einen Menschen relativ schnell verarbeitet werden, während ein anderer mit der selben Erfahrung lange zu tun hat. Das liegt an seiner ganz individuellen Lebensgeschichte und Herkunft. Ein Mensch, der beispielsweise einen Unfall erlebt, kann noch viele Jahre mit diesem Ereignis zu tun haben, während sich ein anderer Betroffener schon nach wenigen Monaten von dem selben Unfall erholt hat. Diese Tatsache der individuellen Erfahrbarkeit von Erlebnissen, macht es so schwierig Traumata als solche zu erkennen und zu heilen.

 

Durch Mangel an Aufarbeitung und Heilung entstehen posttraumatische Belastungsstörungen, die sich in bestimmten Symptomen, Verhaltensweisen und Reaktionen äußern. Es sind physische, psychische oder emotionale Angststörungen wie beispielsweise Konzentrationsmangel, Schlafstörungen, Albträume, Flashbacks, Distanziertheit oder Gedächtnisverlust.

 

Menschen können auch aufgrund einer traumatischen Erfahrung eines anderen Menschen stellvertretend eine Sekundärtraumatisierung erleiden. Dies geschieht wenn sie zwar nicht selbst in Gefahr, aber Zeuge, Zuhörer oder Zuschauer eines traumatisierenden Erlebnisses anderer Menschen sind. Wird ein Ereignis oder eine Situation vermehrt z.B. durch die Medien dargestellt und erzählt, so können Menschen, die gar nicht Teil dieses Ereignisses waren, stellvertretend traumatisiert werden. So kann sich ein Schrecken oder eine Angst auf eine ganze Gruppe von Menschen, sogar auf eine ganze Nation, übertragen.

 

Da es in unserer Kultur wenig Bewusstsein und Offenheit für dieses Thema gibt, leiden viele Menschen unter ihren Symptomen und finden kaum Unterstützung in ihrer Gemeinschaft, bei Familien und Freunden. Es ist daher essentiell für individuelles und gesellschaftliches Wachstum, diesen Themen offen zu begegnen.

Auch Gefühle können traumatisiert sein

In unserer Gesellschaft gibt es eine Bewertung auf unsere Gefühlswelt. Bestimmte Gefühle sind positiv, andere negativ oder schwer zu ertragen. Wir können vereinfacht unsere Gefühlswelt auf bestimmte Grundgefühle konzentrieren: Zu ihnen zähle ich Freude, Trauer, Angst, Wut, Scham.

 

Das Gefühl Wut ist hierbei ein gutes Beispiel. Wut ist in ihrem Kern Lebenskraft, sie sagt: Nein, so nicht! Durch Wut setze ich meine Grenze für diesen Moment meiner Wahrheit und beziehe Position. Wut entsteht, wenn mindestens eines unserer Grundbedürfnisse gerade nicht erfüllt ist. Mit Wut stehe ich für mich, meine Grenze und mein Bedürfnis ein. Wut ermöglicht mir zu handeln.

 

Nun gibt es gerade auf Wut viele Tabus und negative Glaubenssätze. Zum Beispiel darf Wut zwar sanft und friedlich sein, aber direkt und laut: das macht uns oft Angst. Unsere Angst es irgend jemandem nicht Recht zu machen, hindert uns daran, klare Position zu beziehen, uns für etwas zu entscheiden und/oder ins Handeln zu kommen. Wir werden oft eher traurig, aus unserer Hilflosigkeit heraus, aber ändern tut dies nichts an unserer Situation.

 

Die Wut-Kraft und damit die Fähigkeit für unsere Bedürfnisse einzustehen, entsteht im Mutterleib und in den ersten Jahren unseres Lebens. Sind wir - auf welche Weise auch immer - hier in unserer Entwicklung dieser Fähigkeit gestört, kann sie sich nicht in ihrem vollen und eigentlichen Maße ausbilden. Wir können dann sagen, die Wut-Kraft selbst ist traumatisiert.

 

Dies gilt auch für unsere anderen Gefühle. Wir können oft sagen: haben wir mit einem dieser Gefühle Schwierigkeiten, also ist es sehr schnell und stark in unserem Leben präsent, aber wir fühlen uns damit nicht wohl, oder finden womöglich kaum Zugang zu einem Gefühl, so ist es wahrscheinlich, dass dieses Gefühl traumatisiert ist. Mit anderen Worten: das Gefühl darf nicht in seiner ursprünglichen Form in unserem Leben sein.

 

Wir können wieder einen adequaten Zugang zu unseren Gefühlen schaffen. In meiner Arbeit, geben wir unseren Gefühlen und den damit verbundenen Bedürfnissen Raum. Sie dürfen hier so sein, wie sie es eigentlich brauchen. Wir lernen, sie in ihrer Kraft zu erkennen und in unser Leben zu integrieren.